Ich bin in den 70er Jahren in Island aufgewachsen und hatte damit das große Glück, bis weit in meine Teenager-Zeit weitgehend eine Bioernährung zu genießen. Frischer Fisch aus dem Atlantik und Lammfleisch von freilaufenden isländischen Berglämmern waren Standard. Obst und Gemüse wurde je nach Saison gegessen und war frei von Schadstoffen. Wir spielten den ganzen Tag draußen, stahlen frischen Rabarber aus Nachbars Garten (ich erinnere mich noch immer an den süß-sauren Geschmack) und aßen ihn sofort, um die Beweise zu beseitigen. Im Sommer lernte ich in sogenannten Schulgärten wie man selbst Kartoffeln, Kohl, Blumenkohl, Radieschen und mehr anbaut. Im Herbst gingen wir zu „Berjamo“ und pflückten Heidelbeeren, die wir gleich verdrückten bis unsere Münder ganz blau waren. Wir hatten kein Fernsehen (bzw. nur am Abend, und da war es für Erwachsene vorgesehen, und donnerstags oder den ganzen Juli über gar nicht). Es gab keine Oreo-Kekse, kein übersüßtes Müsli und keine Chips. Wenn ich zurück schaue bin ich so dankbar.
Wenn ich vergleiche wie meine eigenen Kinder aufwachsen war es damals einfach, gesund zu leben. Heutzutage kann es wirklich schwierig sein, den Kindern etwas Gesundes zu essen zu bieten, und nachdem kindliches Übergewicht, Diabetes und Autoimmunerkrankungen auf dem Vormarsch sind finde ich es sehr schwierig zu zusehen und nicht zu helfen. Wusstest du, dass in manchen Ländern die Lebenserwartung tatsächlich abnimmt? Das bedeutet, dass in diesen Ländern die Lebenserwartung von Kindern, die heute geboren werden, kürzer ist als die ihrer Eltern – und alles als Folge ihres Lebensstils. Das sind wirklich erschreckende und traurige Statistiken.
Unglücklicherweise blieb ich nicht gesund. Ich wurde ein Teenager, und in den 80er Jahren wurde auch Island mit allerlei überzuckerten Süßigkeiten, Keksen und Frühstückscerealien überschwemmt. Ich stopfte alles in mich hinein, was in Akne, Reizdarm, Karies, häufigen Erkältungen und anderen Erkrankungen resultierte.
Die 90er kamen, ich war Anfang zwanzig und studierte Herz-Lungenheilkunde an der Universität von Texas. Ich versuchte schlank zu bleiben indem ich das ganze „fettfreie“ und „zuckerfreie“ Zeugs aß das im Angebot war. Ich wünschte ich hätte gewusst in welchen chemischen Ausnahmezustand ich meinen Körper versetzte. Ich wurde auch Vegetarierin, hielt mich aber ironischerweise von allem Gemüse fern. Trotzdem brachte ich meine schlimme Akne, den Reizdarm und die Migräne und alle anderen Probleme nicht mit meinen Essgewohnheiten in Verbindung – schließlich war ich Vegetarierin und aß zuckerfrei.
Während ich meinen Bachelor am UTSA Health Science Center in Texas machte lernte ich meinen deutschen Ehemann, besten Freund und Soulmate kennen. Nach meinem Abschluss zog ich mit ihm nach Deutschland, wo ich später die Hebammenschule besuchte. Endlich war ich wo ich sein wollte, denn Hebamme zu sein ist für mich mehr Berufung als Beruf, ich liebe meine Arbeit absolut und bin so dankbar dafür, meinen Patientinnen während Schwangerschaft, Entbindung und den ersten Monaten danach beistehen zu dürfen.
Trotz allem kämpfte ich selbst noch immer mit meiner Gesundheit. Als ich zum ersten Mal schwanger wurde entwickelte sich meine Akne zu einer schmerzhaften zystischen Angelegenheit, ich hatte Verdauungsprobleme und extreme Kopfschmerzen. Meine wunderschöne Tochter wurde in der 33. Woche tot geboren. Etwas von dem ich glaubte es könnte uns nie passieren, passierte doch. Jetzt, 18 Jahre später, und obwohl ich verarbeitet habe was passiert ist und mein jetziges Leben liebe, schmerzt der Verlust noch immer.
Ich hatte das Glück bald danach wieder schwanger zu werden, aber die Schwangerschaft war schwierig. Weil ich als Risikoschwangere galt, wurde ich auf Schwangerschaftsdiabetes getestet (was zum damaligen Zeit in Deutschland nicht Standard war), und die Diagnose war vernichtend: Risikoschwangerschafteinstufung, Schwangerschaftsdiabetes, häufige Blutungen und frühzeitige Wehen beendeten die Schwangerschaft nach 35 Wochen mit einem Kaiserschnitt. Unser kleiner Junge wurde gesund geboren, nur das war wichtig. Zwei Jahre später wurden wir mit einem zweiten Sohn gesegnet, und ich hatte das Glück diesmal spontan entbinden zu können.
Bei meiner Arbeit wurde es zu meiner Mission, Frauen zu einer erfolgreichen Spontanentbindung zu begleiten und Frauen zu unterstützen die nach Fehl- oder Totgeburt wieder schwanger waren. Ich interessierte mich außerdem immer mehr für echte, saubere Nahrungsmittel, gesunde Ernährung und den Zusammenhang zwischen gesundem Lebensstil und gesunder Schwangerschaft.
Die Arbeit meines Mannes führte uns nach New Mexico, wo ich als Geburtsbegleiterin (Doula) arbeitete und Vorbereitungs- und Rückbildungskurse gab. Ich widmete mich der Ernährungslehre, las jedes Buch zum Thema, das ich bekommen konnte (und davon gibt es viele) und änderte meinen Lebensstil komplett. Ich gab Softdrinks, Light-und Fertigprodukte auf und, was noch viel wichtiger war, nahm frische Bio-Nahrungsmittel, ähnlich wie die meiner Kindheit, wieder in meine Ernährung auf. Das Ergebnis war absolut erstaunlich, meine Akne verschwand ebenso wie mein Reizdarmsyndrom und die Migräne, und außerdem nahm ich mühelos ab. Überdies wurde ich unglaublicherweise wieder schwanger, und diesmal war ich schon über 40. Mit meiner Vorgeschichte hätte diese Schwangerschaft eine Katastrophe sein
können, aber entgegen allen Befürchtungen wurde es meine einfachste Schwangerschaft: das erste Mal ohne Komplikationen, ohne Diabetes, keine Blutungen, keine frühzeitigen Wehen. Ich fühlte mich besser als jemals zuvor und gebahr schließlich einen ganz gesunden, wunderschönen kleinen Jungen – ganz ohne Probleme.
Inzwischen lebe ich mit meiner Familie in Spanien und habe meine Ausbildung zur Ernährungsberaterin abgeschlossen. Zusammen mit meiner Ausbildung, Berufserfahrung und meiner persönlichen Lebensgeschichte macht es mich sehr glücklich, Frauen dabei zu unterstützen sich stark und selbstbewußt in ihren Körpern zu fühlen, eine gesunde Schwangerschaft zu erleben und sie auf eine schöne Geburt und die ersten Monate danach vorzubereiten.
Es ist mein Wunsch und meine Passion, Frauen durch eine schöne und gesunde Schwangerschaft zu begleiten.